Wissenswertes

Empfindlichkeit homöopathisch behandeln

Was den einen nervt, lässt den anderen kalt. Deshalb ist es ratsam, nicht von sich auf andere zu schliessen.

Bestimmt kennen Sie Menschen, die sich über eine schmutzige Bank, einen Fleck auf der Hose oder das nächtliche Glockengeläut aufregen. Ein gutgemeinter Rat, dies sei nicht so schlimm, lässt unter Umständen die Situation ungewollt eskalieren. Warum verhält sich das so?

Was die persönliche Empfindlichkeit über uns aussagt und was das mit Homöopathie zu tun hat, lesen Sie in diesem Beitrag.

Überempfindlichkeit oder mangelnde Empfindlichkeit?

Wir alle haben unsere eigene Empfindlichkeit und Empfänglichkeit. Das kann für uns ein Segen, aber auch eine Last sein. Dank dieser Fähigkeiten können wir uns in andere Menschen hineinfühlen, nehmen die wunderschönen Farben eines prächtigen Abendhimmels wahr und erfreuen uns an einem schönen Konzert.

Entscheiden ist, ob die Empfindlichkeit eines Menschen dessen persönliche Weiterentwicklung behindert und das Leben beeinträchtigt. Es kann eine Überempfindlichkeit vorliegen, die das persönliche Wohlbefinden der betroffenen Person stark einschränkt, oder die Person verfügt über eine mangelnde Empfindlichkeit, sodass der Mensch sich beispielsweise öfters Verletzungen zuzieht.

Überempfindlichkeit

Ein Manualtherapeut ist erfolgreich, wenn er die Struktur eines Gewebes exakt erfühlen und genau die darauf ausgerichteten Techniken anwenden kann. So erfährt die betreffende Person eine Besserung. Oder eine Kindergärtnerin zeichnet sich dadurch aus, dass sie spürt, wie es ihren Schützlingen geht, deren Stärken erkennt und daher jedes Kind in seiner eigenen kleinen Persönlichkeit fördert. Ist die Empfindlichkeit erhöht, kann sie in eine Überempfindlichkeit münden und dem betroffenen Menschen Unbehagen bereiten. Der Manualtherapeut könnte die Schmerzen seines Patienten zu stark mitfühlen, die Kindergärtnerin könnte sich mit der Befindlichkeit ihrer Schützlinge zu stark im Privatleben beschäftigen. Eine Überempfindlichkeit, die den Menschen einengt, kann homöopathisch behandelt werden.

Mangelnde Empfindlichkeit

Im Gegensatz dazu kennen Sie vielleicht durchsetzungsstarke Menschen, die nicht spüren, wenn sie Mitmenschen zu nahe treten. Sie sprechen eher grob und nehmen es nicht wahr, wenn auch so mit ihnen gesprochen wird. Sie sind nicht empfindlich auf Kritik und können prima Witze über anwesende Personen zum Besten geben, ohne im Geringsten zu erröten. Diese Menschen können Dinge erschaffen, ohne sich an den Meinungen anderer aufzureiben. Auch das kann ein Vorteil sein und einer ganzen Gesellschaft nützen.

Beispiele aus dem Alltag

Ein Zuviel oder Zuwenig an Empfindlichkeit kann unsere Lebenskraft und unser Immunsystem in Bedrängnis bringen und uns schliesslich krank machen. Dieses Mass ist aber nicht für alle gleich.

Empfindlich auf Vieles

Frau E liebt Nüsse aller Variationen. Doch seit ein paar Jahren kriegt sie von den Mandeln und den Walnüssen Atemnot, plötzlich, aus dem Nichts. Anlässlich des Genusses eines Nusskuchens entwickelte sie massive Atemprobleme, weswegen sie sogar hospitalisiert werden musste. Sie ist sonst gesund, hatte aber bereits als Kind immer wieder auf alle möglichen Textilien mit allergischen Ausschlägen auf der Haut reagiert. Allergische Reaktionen auf alles Mögliche akzentuierten sich über die Jahre. Seit sie ihre geliebte Arbeit vor rund 5 Jahren verloren hat, ärgert sie sich auch über alles. Sie hat das Gefühl, dass dieser Grundärger ihr nicht guttut, und möchte eine homöopathische Behandlung ihrer allergischen oder überhöhten Empfindlichkeit.

Herabgesetzte Empfindlichkeit

Frau S ist begeisterte Berggängerin mit viel Energie. Manchmal endete deshalb ein sportliches Abenteuer mit einem kleineren oder grösseren Malheur. Ein Sturz ins Leere brach ihr das Bein. Dennoch gelang es Frau S, auf dem anderen Bein aufzustehen und ihre missliche Situation mit einem Rundumblick zu erfassen. Das kurze Nachdenken brachte sie zum Entschluss, dass hier nur fremde Hilfe die Lösung des Problems sein konnte. Sie schaffte es trotz massiver Schmerzen, ihr Handy aus dem Rucksack zu kramen, den richtigen Code einzugeben und die Rettung zu alarmieren. Die reduzierte Empfindlichkeit ermöglicht ihr diese Reaktion. Sie selbst findet aber, dass die dauernden Verletzungen nervend sind und möchte eine homöopathische Behandlung, um diese Unfallneigung zu reduzieren. Wenig Empfindlichkeit kann den Menschen auch dazu verleiten, die Grenzen bis zum äussersten zu strapazieren. Die homöopathische Arznei, welche diese Patientin erhält, kann die Heilung der Verletzung wie auch das Erkennen der persönlichen Grenzen fördern.

Empfindlich auf Schmutz

Herr H schätzt die Sauberkeit und Ordnung in seinem kleinen Häuschen. Er liebt zwar Tiere, doch bis jetzt konnte er sich nicht zur Anschaffung eines Vierbeiners entschliessen. Denn er achtet alles, was er besitzt, insbesondere auch seine schönen Möbel, die er hegt und pflegt. Wenn jemand mit schmutzigen Kleidern auf seine Möbel sitzt, kann er sehr barsch reagieren. Auch wenn es irgendwo schmutzig ist oder Haare liegen, enerviert er sich darüber. Er leidet seit Jahren an einem hartnäckigen Ekzem im Gesicht, das immer nach Aufregung und nach dem Genuss von Wein auftritt. In letzter Zeit ist er auch immer wieder erkältet. Pfeift der Wind einmal stärker ums Haus, läuft die Nase von Herrn H. bereits triefend. Seine Frau wundert sich nur noch, wie man wegen jedem Luftzug direkt eine Erkältung bekommen kann. Herr H. möchte seine allgemeine Empfindlichkeit in den Griff bekommen und fragt deshalb um homöopathische Hilfe. Herr H. wird eine Arznei erhalten, die einen Bezug zu dieser Empfindlichkeit aufweist und sein ordentliches Wesen abdeckt.

Empfindlichkeit schützt

Herr K, ein begeisterterer und ausgezeichneter Langläufer, stürzte an einem Langlaufwettkampf auf die rechte Schulter. Er lief die 40 km fertig, trotz der Schmerzen. Auch nach einer Ruhepause von zwei Wochen hielten die Schmerzen an. Den rechten Arm konnte er trotz der Schmerzen gut bewegen und auch Langlaufen funktionierte – wenn auch unter Schmerzen – weiterhin. Nach zwei Monaten ununterbrochener Schmerzen besuchte Herr K den Spezialisten. Dieser meinte zwar, es könne nichts Schlimmes sein, da man mit einer ernsten Verletzung keinen Sport mehr hätte treiben können. Trotzdem verordnete er das obligate MRI. Und was sah man: eine komplett abgerissene Rotatorenmanschette, die vollständig rekonstruiert werden musste. Trotz der Schmerzen konnte der Patient noch Sport treiben, weil er weniger empfindlich auf den Schmerz reagiert und eine sportliche Betätigung weiterhin sogenannte Glückshormone, Endorphine, auszuschütten vermochte. Auch dieser Patient hätte wohl mit mehr Schmerzgefühl früher Abklärungen eingefordert und Ruhe eingehalten. Ein zu langes Weitermachen könnte auch zu irreparablen Schäden am Gewebe führen. Die homöopathische Behandlung zielt darauf ab, die schulmedizinische zu unterstützen und die Lebenskraft des Patienten nachhaltig zu stärken, dass ihm aus dieser langen Verletzungsgeschichte keine Nachteile erwachsen.

Empfindlichkeit ist wichtig

Ohne Empfindlichkeit würde es uns schwerfallen, uns im Leben zurecht zu finden. In einer homöopathischen Anamnese eruiert der Therapeut, wie empfindlich der Mensch ist, wo seine Empfänglichkeit liegt. Beides gibt wichtige Hinweise auf die zu verschreibende Arznei. Das Homöopathikum hilft, die übermässige oder mangelnde Empfindlichkeit ins Lot zu bringen und damit die Lebenskraft des Individuums zu stärken, sie positiv zur Entfaltung der eigenen Möglichkeiten zu nutzen. Beeinträchtigt die persönliche Empfindlichkeit – sei es Zuwenig oder Zuviel – das Leben des Individuums, dann kann sie homöopathisch behandelt werden. In einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist und umgekehrt. Alles was ein Mensch mitbringt, hat einen Grund. Die Kunst ist es, die Empfindlichkeiten in Schach zu halten und die eigenen Stärken zu nutzen, damit jeder Mensch sein Plätzen auf dieser Erde findet.